Literaturhinweise
Heike Baum
Starke Kinder haben‘s leichter
Wenn Kinder in der Lage sind, auf ihr Bauchgefühl zu hören und nein zu sagen, ist das ein wichtiger Schutz, vielleicht der wichtigste Schutz überhaupt. Das Buch hilft, Kinder zu starken Kindern zu erziehen. Es gibt Anregungen, wie Eltern oder Erzieher/innen spielerisch das Vertrauen ihrer Kinder in die eigene Kraft stärken können.
Oralee Wachter
Heimlich ist mir unheimlich
In dem Buch stehen vier Geschichten von Kindern, die in Missbrauchssituationen kommen. Die Geschichten bieten sich an, um mit Kindern ab 6 Jahren ins Gespräch zu kommen. Kindern fällt es oft schwer, von sich aus zu erzählen, was ihnen passiert ist. Leichter ist es, wenn sie eine ähnliche Geschichte hören und nur sagen müssen, „das kenne ich, das ist mir auch schon mal passiert“. Je nachdem wie klein ein Kind ist, das sexuelle Übergriffe erlebt, hat es unter Umständen noch gar keine Worte für das, was geschehen ist.
Sigrun Eder und Silvia Kettl
Lorenz wehrt sich
Eltern und andere Vertrauenspersonen erhalten mit diesem Buch neben der Vermittlung von Basiswissen eine Orientierungshilfe, wie sie sich bei Verdacht auf sexuelle Gewalt innerhalb und außerhalb der Familie zum Wohle des Kindes verhalten können. Besonders geeignet ist dieses Buch für psychosoziale Helferinnen in Opferschutzeinrichtungen, aber auch für ErzieherInnen, LehrerInnen, SchulsozialarbeiterInnen und Ärt(inn)en
Violetta e.V. Hannover
Anna und Jan gehen vor Gericht
Ein Kinderbuch zur Prozessvorbereitung bei Sexualstraftaten. Das Hauptanliegen dieses Buches ist es, Kinder mit ihren Ängsten und Unsicherheiten ernst zu nehmen, wenn sie nach erlebtem sexuellen Missbrauch vor Gericht aussagen sollen. Dieser Ratgeber eignet sich zum Selbstlesen und auch zum Vorlesen im Rahmen einer professionellen Zeugenbegleitung. Es enthält auch einen Informationsteil für Eltern und andere Vertrauenspersonen.
Luise Reddemann und Cornelia Dehner-Rau
Trauma – Folgen erkennen, überwinden und an ihnen wachsen
Herzrasen, Panikanfälle, Sucht oder Selbstverletzung: Viele Beschwerden gründen in extrem belastenden seelischen Erfahrungen. Oftmals verstehen sich Betroffene selbst nicht. Dieses Buch hilft, Erklärungen zu finden, z.B. in der Diagnose „Trauma“, gibt Hinweise zu wirkungsvollen Therapien und gibt Hoffnung auf Heilung.
Luise Reddemann
Imagination als heilsame Kraft
Dieses Buch richtet sich an Therapeuten und Berater, die mit Menschen arbeiten, die traumatische Erfahrungen gemacht haben. Die Imaginationsübungen dienen der Stabilisierung vor Beginn einer Traumabehandlung, können aber auch unabhängig von einer Traunabehandlung als entlastende Übungen eingesetzt werden. Die Übungen werden im Buch beschrieben, können aber auch in der beiliegenden CD gehört werden
Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs veröffentlicht ersten Zwischenbericht
Berlin, 14.06.2017
Bereits 1000 Betroffene haben sich für Anhörungen angemeldet. Neues Licht fällt auf die Rolle der Mitwissenden in der Familie, die Mehrfachbetroffenheit und den Zusammenhang von Missbrauch und Armut.
Berlin, 14.06.2017. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat im Mai 2016 ihre Arbeit aufgenommen. Heute stellt sie ihren ersten Zwischenbericht vor. Neben der Dokumentation ihrer Arbeit beinhaltet der Bericht erste Erkenntnisse aus vertraulichen Anhörungen und schriftlichen Berichten. Er beinhaltet zudem Botschaften von Betroffenen an die Gesellschaft und Empfehlungen der Kommission an die Politik.
Prof. Dr. Sabine Andresen, Vorsitzende der Kommission: „Die Einrichtung der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs war eine wichtige Entscheidung der Politik. Mit diesem Schritt hat sie signalisiert, dass die Gesellschaft bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.“
Seit Mai 2016 haben sich bei der Kommission rund 1000 Betroffene und weitere Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für eine vertrauliche Anhörung gemeldet. Davon konnten bisher etwa 200 Personen angehört werden. Zusätzlich sind 170 schriftliche Berichte eingegangen. Bei rund 70 Prozent der Betroffenen, die sich bisher an die Kommission gewandt haben, fand der Missbrauch in der Familie oder im sozialen Nahfeld statt, gefolgt von Missbrauch in Institutionen, durch Fremdtäter/Fremdtäterinnen und rituellem/organisiertem Missbrauch.
Prof. Dr. Jens Brachmann, Mitglied der Kommission: „Viele Betroffene haben sich schon bei uns gemeldet. Das zeigt ein großes Vertrauen in die Arbeit der Kommission. In den Anhörungen haben sehr starke Frauen und Männer verstörende wie berührende Erfahrungen von Gewalt und Überleben mit uns geteilt. Diese Geschichten verpflichten uns dazu, dass wir uns mit aller Kraft für den Schutz von Kindern und Jugendlichen einsetzen.“
Matthias Katsch, Mitglied Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten und Ständiger Gast der Kommission: „Schon jetzt ist deutlich geworden: Der zentrale Ansatz der Kommission, mit den Anhörungen auch Anerkennungen zu vermitteln, funktioniert! Die dabei erlebte professionelle Zuwendung und der Respekt vor ihrer Lebensgeschichte tut Betroffenen gut.“
Schwerpunkt Familie
Einen ersten Schwerpunkt ihrer Arbeit hat die Kommission mit sexuellem Missbrauch in der Familie gesetzt und damit auch international Neuland betreten. Bisherige Erkenntnisse: Kinder haben oft keine oder erst spät Hilfe erfahren, weil Familienangehörige zum Teil lange etwas von dem Missbrauch wussten, sie dennoch nicht davor schützten und handelten. Insbesondere die Rolle der Mütter steht im Fokus. Mütter treten nach den Erkenntnissen der Kommission auch als Einzeltäterinnen auf, aber vorwiegend als Mitwissende und damit als Unterstützende der Taten. Gründe für das Dulden des Missbrauchs sind u.a. Abhängigkeiten, erlebte Rechtlosigkeit, Ohnmachtserfahrungen und Gewalt in der Partnerschaft, jedoch auch die Angst vor dem Verlust des Partners oder der gesamten Familie sowie bereits eigene vorausgegangene Missbrauchserfahrungen in der Familie. In den wenigsten Fällen haben die Mütter ihren Kindern geglaubt und sie vor weiterem Missbrauch geschützt. Hilfe von außerhalb der Familie erfahren Betroffene selten, weil die Familie, als Privatraum gesehen wird. Aufarbeitung muss sich folglich mit der Wirkung gesellschaftlicher Vorstellungen von Familie sowie der Rolle von Eltern und anderen Angehörigen befassen. Zu klären ist auch, welche Bedeutung das Dilemma zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der Aufgabe des staatlichen Wächteramtes hat.
Mehrfachbetroffenheit
In den Anhörungen und schriftlichen Berichten wird deutlich, dass viele Menschen mehrfachbetroffen sind. Sie erlebten sexuelle Gewalt durch verschiedene Täter oder Täterinnen oftmals auch in verschiedenen Bereichen. So wird zum Beispiel von sexuellem Missbrauch in der Familie berichtet und von parallel oder später stattfindendem Missbauch im Heim oder in der Schule. Oder es findet Missbrauch in der frühen Kindheit durch den Großvater und in der späteren Kindheit durch den Vater statt. Auch der Zugang zu rituellen oder organisierten Gewaltstrukturen erfolgt nicht selten über die Familie.
Zentrales Thema Armut
Alle Kontexte durchzieht das Thema Armut im Erwachsenenalter als Folge des Missbrauchs in der Kindheit. Es besteht längst noch kein Bewusstsein darüber in der Gesellschaft, in welchem Ausmaß sexueller Kindesmissbrauch auch das spätere Erwerbsleben beeinträchtigen kann und welche erheblichen sozioökonomischen Einschränkungen damit verbunden sein können. Es bedarf der Verantwortung der gesamten Gesellschaft, damit Betroffene nicht länger an strukturellen und finanziellen Hürden scheitern, sondern schnelle und passende Hilfen und Unterstützung erhalten.
Empfehlungen an die Politik
Aus ihren Erkenntnissen richtet die Kommission folgende Empfehlungen an die Politik:
Betroffene Menschen haben das Recht auf eine deutliche Geste der Politik und klare politische Entscheidungen, welche die Verantwortungsübernahme des Staates für mangelnden Schutz und unzureichende Hilfen in der Vergangenheit zum Ausdruck bringen. So ist es beispielsweise in Österreich gelungen, durch einen Staatsakt im Parlament ein eindrückliches Zeichen zu setzen.
Eine gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung muss über 2019 hinaus gewährleistet sein. Die große Anzahl der Meldungen für vertrauliche Anhörungen bedingt einen deutlichen Nachsteuerungsbedarf bei den Ressourcen für Forschung. Die Kommission empfiehlt zudem dringend eine gesetzliche Verankerung. Dieses wird benötigt, um einer umfassenderen Aufarbeitung den Weg zu bereiten, z.B. durch die Möglichkeit, Akten über Täter und Täterinnen einzusehen oder Verantwortliche aus Institutionen zu einer Anhörung vorzuladen.
Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin a.D., Mitglied der Kommission:„Die Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen werden und erfordert eine stärkere Unterstützung durch die Politik.“
Für 2017 und 2018 hat sich die Kommission weitere Arbeitsschwerpunkte gesetzt: Kindesmissbrauch in der DDR, in den Kirchen sowie ritueller/organisierter Missbrauch.
Zur aktuellen Situation: Die Kommission kann aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen vorerst keine weiteren Anmeldungen für vertrauliche Anhörungen annehmen. Mit den vorhandenen finanziellen Mitteln kann sie gewährleisten, bis zum Ende ihrer Laufzeit im März 2019 alle Betroffenen anzuhören, die sich bis jetzt angemeldet haben. Bisher sind bei der Kommission fast 1000 Anmeldungen für vertrauliche Anhörungen eingegangen. Für die Kommission ist das ein Zeichen großen Vertrauens der Betroffenen in die gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung. Die Kommission hat seit Herbst 2016 verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern. Dank der zusätzlichen finanziellen Unterstützung durch das Bundesfamilienministerium in 2017 kann die sie fast doppelt so viele Anhörungen durchführen, wie anfangs möglich waren. Doch schon heute zeigt sich, dass der Bedarf noch viel größer ist. Die Kommission setzt sich sehr dafür ein, dass ihre Mittel bereits in 2018 aufgestockt werden und dass sie ihre Arbeit im April 2019 weiterführen kann.
Den Zwischenbericht finden Sie unter: www.aufarbeitungskommission.de/zwischenbericht